Nachbericht zur Nachhaltigen Prozesswärme
Effiziente Wärmewende-Seminar in Regensburg
Das erste Seminar „Chancen und Lösungen für die Prozessindustrie – Effiziente Wärmewende, Dekarbonisierung und nachhaltige Prozesswärme“ fand am 19. und 20. Mai 2025 in Regensburg statt und bot eine hochkarätige Plattform für technisch Verantwortliche aus der Prozessindustrie wie Brauereien, Papierindustrie, Molkereien sowie Ingenieurbüros der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA). Teilnehmer kamen unter anderem von renommierten Unternehmen wie Erdinger Weissbräu, Augustiner München und der Kulmbacher Brauerei. Das Seminar wurde von der cci Dialog GmbH organisiert und moderiert von Lars Keller, dessen lockerer Moderationsstil und Fachkompetenz von den Teilnehmern gelobt wurde.
Teilnehmerkreis und Atmosphäre
Die Veranstaltung brachte Fachleute aus der Prozessindustrie zusammen, die sich mit aktuellen Herausforderungen und innovativen Lösungen rund um die Themen Dekarbonisierung und nachhaltige Prozesswärme beschäftigen. Besonders hervorzuheben ist die offene und kollegiale Atmosphäre: Am Abend des ersten Tages fand ein „Cometogether“ statt, bei dem sich der Großteil der Teilnehmer zu angeregten Gesprächen und fachlichem Austausch traf. Die entspannte Stimmung förderte das Networking und den Wissenstransfer zwischen den Branchenvertretern bis in den späten Abend.
Programm und Vorträge
Das Seminarprogramm spannte einen Bogen von politischen Rahmenbedingungen über technische Innovationen bis hin zu Praxisbeispielen aus der Industrie. Die Vorträge zeichneten sich durch eine bemerkenswerte technische Tiefe aus und boten sowohl strategische als auch praxisnahe Einblicke.
Einführung und Überblick zur Wärmewende in der Prozessindustrie
Zum Auftakt wurden die aktuellen politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung vorgestellt. Hierbei standen die Herausforderungen der Energieversorgungssicherheit und die Rolle erneuerbarer Energien im Mittelpunkt. Die CO2 Bilanzierung und die Herausforderungen von Scope 1, 2, 3 erklärte Hidir Altinok von Rödl & Partner. In interaktiven Formaten konnten die Teilnehmer gezielt Fragen stellen und eigene Herausforderungen einbringen. Die Diskussionen zeigten, dass viele Betriebe bereits konkrete Projekte planen oder umsetzen und dass der Austausch mit anderen Unternehmen wertvolle Impulse liefert.
Technologien für nachhaltige Prozesswärme
Ein Schwerpunkt lag auf innovativen Lösungen wie Großwärmepumpen, Abwärmenutzung und der Integration von Solarenergie. So gaben Vorträge einen tiefen Einblick in die Planung, Auslegung und den wirtschaftlichen Betrieb von Großwärmepumpen in der Industrie. Anhand von Praxisbeispielen wurden Erfolgsfaktoren und typische Stolpersteine bei der Umsetzung erläutert. So können beispielsweise Großwärmepumpen mit Lösungskreislauf, bei denen Wasser und Ammoniak ein Kältemittelgemisch bilden, Temperaturen bis 160 °C erreichen. Dafür werden Kompression und Absorption in einem parallelen Prozess kombiniert. „Vorteil dieses Verfahrens ist“, wie Dr. Klaus Ramming, Bereichsleiter bei der AGO GmbH Energie + Anlagen, Kulmbach, erläuterte, „ein geringerer Druck von 32 statt 62 bar bei zugleich besserer Arbeitszahl COP von 2,8 statt 2,3.“ Bei zweistufiger Ausführung sei damit ein Temperaturhub von 110 K auf bis zu 160 °C möglich. Allerdings erfordere die anspruchsvollere Technik auch eine etwa 30 % höhere Investition gegenüber einer reinen Ammoniak-Wärmepumpe. Ramming begründet das mit der Komplexität des Kältekreislaufs, der neben den üblichen Komponenten zusätzlich einen Austreiber und eine Lösungspumpe erfordere.

Bild 1: Vergleich Kältekreislauf Kompression NH3 (links) mit Kompression/Absorption NH3/H2O (rechts), Quelle: AGO GmbH Energie + Anlagen
Des Weiteren fand eine Betrachtung des Kältemittels CO2 statt. Hier ist der geringe GWP Wert von 1, die Klassifizierung als A1 Kältemittel (nicht brennbar, nicht toxisch) gem. DIN EN 378 sowie der einstufige Verdichtungsprozess auch bei hohen Differenzdrücken als Vorteile zu sehen. Die Firma ANEO stellte anhand zwei realisierter Projekte eine Möglichkeit vor, mit Wärmepumpen Dampf zu erzeugen.
Praxisberichte aus Brauereien und Molkereien
Vertreter aus den teilnehmenden Unternehmen berichteten von ihren Erfahrungen mit der Umstellung auf nachhaltige Prozesswärme und Stromerzeugung. Dabei wurden sowohl technische Herausforderungen als auch betriebswirtschaftliche Aspekte beleuchtet. Besonders beeindruckend war, wie unterschiedlich die Lösungen je nach Betriebsgröße und Prozessanforderungen ausfallen können. Dipl. Ing. Tobias Lüpfert von der LHV Ingenieur GmbH zeigte eindrucksvoll auf, wie ein großes Molkereiunternehmen mit 6,5 MW elektrischer Grundleistung durch Kombination von überdimensionierter PV, BHKW und einem Elektrodampfkessel die Abhängigkeit vom Netzbezug auf maximal 10% reduzieren konnte. Aufgrund des schnellen Regelverhaltens fiel die Wahl zur Dampferzeugung auf einen Elektrokessel und nicht auf eine Wärmepumpe. Somit kann auf die starken Lastreduktionen bei der PV-Erzeugung durch Wolkenfelder sehr gut reagiert werden. Eine langfristige Kostengarantie und CO2 reduzierte Stromerzeugung sind die positiven Auswirkungen dieses Konzeptes. Die Erweiterung durch einen Batteriespeicher ist für 2026 geplant.
Fördermöglichkeiten und Finanzierung
Ein weiterer Block widmete sich den aktuellen Förderprogrammen und Finanzierungsoptionen für Investitionen in nachhaltige Prozesswärme. Die Firma ecogreen gaben einen Überblick über die Beantragung und Kombinationsmöglichkeiten von Fördermitteln der Module 1 bis 6. Besonders bei gleichzeitiger Nutzung von Kälte und Wärme ergibt sich eine schnelle Amortisation. Aufgrund der steigenden CO2 Bepreisung, insbesondere ab dem Jahr 2027, ist diese Kostenvermeidung durch regenerative Energiekonzepte mit in die Kalkulation aufzunehmen.
Bestandsaufnahme von Verbrauch und Erzeugung
Mit der Pinch-Analyse gibt es nun eine Vorgehensweise, die Kälte- und Wärmeleistungen mit den unterschiedlichen Temperaturniveaus gegenüber zu stellen und zu nutzen. Besonders beim Batch-Prozess fallen Nutz- und Abwärme Menge zeitlich getrennt an. Mit sensiblen oder latenten Speicherlösungen können diese noch besser genutzt werden. Zu diesen Themengebieten gab es einen Vortrag von der TLK Energy und dem Fraunhofer IEG. Dieser Sachverhalt wurde an einem Beispiel im Brauprozess verdeutlicht.
Stimmen der Teilnehmer
Die Rückmeldungen der Teilnehmer waren durchweg positiv. Besonders hervorgehoben wurden die technische Tiefe der Vorträge, die auch für erfahrene Praktiker neue Erkenntnisse boten. Durch die Themenblöcke mit 90 Minuten Länge und der nachfolgenden halbstündige Pause gab es die Möglichkeit zum intensiven fachlichen Austausch zwischen Teilnehmer untereinander und den Referenten. „Selten habe ich bei einem Branchenseminar so viele konkrete Anregungen für die eigene Praxis mitgenommen. Die Mischung aus Technik, Praxis und Networking war ideal“, zitiert ein Teilnehmer.
Ausblick: Fortsetzung Anfang 2026
Bereits jetzt steht fest, dass das erfolgreiche Format fortgesetzt wird: Ende Januar/Anfang Februar 2026 ist ein weiteres Seminar in Erding bei München geplant. Als besonderes Highlight ist eine Brauereiführung mit anschließender Bierverkostung vorgesehen – ein attraktives Rahmenprogramm, das den fachlichen Austausch weiter fördern soll. Das Seminar in Regensburg hat eindrucksvoll gezeigt, wie groß das Interesse und der Bedarf an praxisnahen Lösungen für die Wärmewende in der Prozessindustrie ist. Die Mischung aus fundierten Fachvorträgen, Erfahrungsberichten und Networking-Möglichkeiten wurde von den Teilnehmern sehr geschätzt. Das Programm kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://cci-dialog.de/produkt/effiziente-waermewende-dekarbonisierung-und-nachhaltige-prozesswaerme/
BRAUWELT – Fachwissen für die Brauindustrie
Wer tiefer in die Welt der Brauer und Mälzer einsteigen möchte, findet auf der Homepage der BRAUWELT viele Informationen. Im Kalender wird auch das genaue Datum des Folgeseminares in Erding zu finden sein. Energieeffizienz in der Prozessindustrie –> auch 2026 ein wichtiges Thema um die Dekarbonisierung voranzubringen und Energiekosten einzusparen.
Und hier findest du alle Seminare zum Thema Großwärmepumpen, Dekarbonisierung und Energieeffizienz.