Vortrag Aktionskreis Energie Großwärmepumpen

Dekarbonisierungspotenzial mit Großwärmepumpen

Webinar mit Aktionskreis Energie

Im Februar hielt ich beim Aktionskreis Energie ein Webinar über Großwärmepumpen und deren Dekarbonisierungspotenzial. Der Referent Lars Keller, gelernter Heizungsbauer, Diplomingenieur Versorgungstechnik und Fachautor, gibt zunächst einen Einblick in seinen beruflichen Werdegang und seine Expertise im Bereich Wärme- und Klimatechnik. Er hat mehrere Fachbücher verfasst und ist aktiv in der Schulung von Fachkräften im Bereich von Wärmepumpen und Großwärmepumpen tätig.

Ein zentrales Thema ist die Definition von Großwärmepumpen. Es gibt keine einheitliche Norm oder DIN-Vorgabe, was als „groß“ gilt. Verschiedene Organisationen setzen unterschiedliche Schwellenwerte an – von 20 kW bis zu 1 MW. In der Praxis sieht die Mehrheit eine Großwärmepumpe ab etwa 500 kW als solche an.

Im weiteren Verlauf geht es um Hochtemperatur- und Höchsttemperatur-Wärmepumpen, die für industrielle Anwendungen und hohe Vorlauftemperaturen ausgelegt sind. Hier sind derzeit aus technischer Sicht Temperaturen bis zu 250°C erreichbar. Der Sprecher erläutert die verschiedenen Klassifizierungen und die Rolle natürlicher Kältemittel wie Ammoniak und CO₂. Besonders betont wird die Notwendigkeit, Kältemittel mit geringem GWP-Wert (Global Warming Potential) einzusetzen, um Umweltbelastungen bei Undichtigkeiten zu reduzieren.

Reduzierung klimaschädlicher Kältemittel – EU VE 2024/573

Ein großer Abschnitt behandelt die neue EU-Verordnung 2024/573, die sich mit der Reduzierung klimaschädlicher Kältemittel befasst. Es wird auf die historische Entwicklung der F-Gas-Verordnungen eingegangen, die schrittweise strengere Regeln für die Nutzung bestimmter Kältemittel einführten. Auch das PFAS-Problem (Persistente Fluorverbindungen) wird angesprochen, da diese Stoffe in der Umwelt schwer abbaubar sind.

Schließlich gibt der Sprecher einen Überblick über die wichtigsten physikalischen, chemischen und ökonomischen Eigenschaften von Kältemitteln und ihre Bedeutung für die Effizienz von Wärmepumpensystemen. Verschiedene Kältemittel wie R1233zd, R1336mzz und R32 werden näher betrachtet und deren spezifische Vor- und Nachteile diskutiert, insbesondere in Bezug auf Umweltverträglichkeit, thermodynamische Eigenschaften und gesetzliche Zulässigkeit. Er weist darauf hin, dass einige Kältemittel wie R32 aufgrund der neuen Vorschriften langfristig keine Zukunft haben werden, während natürliche Kältemittel wie Ammoniak, CO₂ und Propan weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

Der Vortrag erläutert, welche technischen Lösungen bereits auf dem Markt verfügbar sind und wie sich der regulatorische Druck auf die Entwicklung neuer, effizienter Systeme auswirkt. Besonders hervorzuheben ist die steigende Bedeutung von Wasser als Kältemittel für Hochtemperatur-Wärmepumpen in der Zukunft. Mehrere Kältekreisläufe können in Serie oder Kaskade verschaltet werden, um höhere Effizienzen zu erreichen.

Anschließend geht es um natürliche Kältemittel und deren steigende Bedeutung, insbesondere in öffentlichen Bauprojekten. Es wird betont, dass Hersteller zunehmend auf Kältemittel wie Ammoniak, CO₂ oder Propan setzen, da diese langfristig regulatorisch sicherer sind als synthetische Alternativen mit hohen GWP-Werten. Aufgrund der Klassifizierung dieser Kältemittel in A2L, A3 und B2L sowie einer hohen Drucklage sind planerisch höhere Ansprüche zu berücksichtigen als bei A1 Kältemitteln, was aber problemlos umsetzbar ist.

Das Bild zeigt Kältemittelflaschen, die mit R744 und R717 gefüllt sind

Analyse von Wärmepumpenprozessen

Ein weiterer Baustein des Vortrages sind die Grundlagen des log-p-h-Diagramms, das zur Analyse von Wärmepumpenprozessen verwendet wird. Es beschreibt die verschiedenen Phasen eines Kältekreislaufs, von der Verdampfung über die Verdichtung bis hin zur Verflüssigung und Expansion, und zeigt auf, wie sich die Effizienz einer Wärmepumpe durch optimierte Prozessführung verbessern lässt.  Abhängig von der Leistung, dem eingesetzten Kältemittel und den notwendigen Temperaturhub können Scroll-, Schrauben- und Hubkolbenverdichter in Großwärmepumpen verbaut sein. Im Megawattbereich sind oft Turboverdichter gesetzt. Ins besonders Skandinavien ist derzeit führend in der Entwicklung und Implementierung von Großwärmepumpensystemen. Für hohe Temperaturdifferenzen können Booster-Konzepte genutzt werden, bei denen eine erste Wärmepumpe die Quellentemperatur anhebt (oft Luft-Wasser-Wärmepumpe) und eine zweite das System auf die gewünschte Endtemperatur bringt (Wasser-Wasser-Wärmepumpe).

Vierleitersysteme können Heizen und Kühlen

Es gibt verschiedenen Systeme für Heizen und Kühlen, darunter auch auf die sogenannten Vierleitersysteme. Diese ermöglichen es, gleichzeitig zu heizen und zu kühlen, wodurch eine höhere Effizienz erreicht wird. Dabei unterscheidet  Eurovent zwischen Typ A und Typ B: Während Typ A klar definierte Heiz- und Kühlbereiche hat, erlaubt Typ B eine flexiblere Umschaltung, beispielsweise zur Brauchwassererzeugung. Der TRW-Wert ist eine Kennzahl zur Effizienzbewertung, die das Verhältnis von gleichzeitig erzeugter Kälte und Wärme zur eingesetzten elektrischen Energie beschreibt. Der Sprecher betont, dass solche Systeme wirtschaftlich vorteilhaft sind, wenn sowohl Heiz- als auch Kühlbedarf in etwa gleich hoch sind und gleichzeitig auftreten. Dieses Thema habe ich bereits in dem Artikel „Kälte & Wärme gleichzeitig nutzen“ tiefer erläutert.

Großwärmepumpenprojekte von Hamburg bis Flensburg

Abschließend gibt es einen Einblick in aktuelle Großprojekte, bei denen Wärmepumpensysteme mit Leistungen von mehreren Megawatt in Städten wie Flensburg und Hamburg installiert werden. Die Herausforderung liegt bei der Wahl des richtigen Kältemittels, insbesondere im Hinblick auf Platzbedarf, Investitions- und Wartungskosten sowie toxikologische und wassergefährdende Eigenschaften. Er ermutigt die Teilnehmer, sich mit aktuellen Entwicklungen auseinanderzusetzen, da die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung entscheidend für die Energiewende ist.

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